Wenn Sie wollen, dann melken Sie weiterhin Mäuse!

«It is indeed the friend, who has found a way to escape the rat race.» – Who moved my cheese by Spencer Johnson

Wenn sogar 10vor10 über Einschaltquoten berichten muss, dann wissen wir, dass Media ein Thema mit nationaler Relevanz geworden ist. Oder doch nicht?

Man sprach von Skandalen. Der Zustand wurde als Posse bezeichnet. Sogar zur Chefsache in Bern erklärt. Die TV Quoten sollten doch längst zugänglich sein, einigen zumindest. Man rege sich auf, dass keine Messungen stattfinden können. Dabei geht es gar nicht darum, wer was wann gesehen hat, sondern wie schon oft, um das viele Werbegeld, dass investiert wird, ohne zu wissen, ob es wirkt oder nicht. Interessant sind die Berichte von Sandro Prezzi auf seinem Blog.

Lieber Sandro, ich gebe dir in vielen Punkten Recht. V.a. die Aussage «Äpfel mit Birnen vergleichen» müsste auf blick.ch veröffentlicht werden. Denn, wenn (Anm.: dabei gilt meine Kritik nicht nur der Newssite aus dem Hause Ringier, sondern generell den Medien- und nicht Media-Profis) ein komplexes MaFo Thema einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht wird, ohne jedoch dieser das wichtige Hintergrundwissen zu vermitteln, dann laufen wir alle Gefahr, dass teils amüsante aber teils groteske Lesermeinungen veröffentlicht werden (freedom of speech?). Nun ja, das Thema der Messung ist im Grunde genommen ein obsoletes Thema. Die Schweiz verlässt sich weiterhin auf Mono-Marktstudien der WEMF oder der Mediapulse und damit auf vergoldete Krücken für die Erarbeitung einer effizienten Strategie oder einer Kommunikationsplanung. Da hilft auch nicht, dass die WEMF mit MACH3 einen «Meilenstein» setzen will. Mehrere Krücken ersetzen keine voll funktionsfähige Beine!

In diversen Kundenmeetings stellte ich die Frage, ob mein Gegenüber wisse, ob die Anzeige auf Seite 25 rechts unten im 20minuten vom 30. August 2012 wirklich die in der MACH ausgewiesene Netto-Reichweite erzielt hat, sprich haben sie wirklich so viele Leser wahrgenommen? Noch lustiger wird es, wenn man als Marke die Aussensicht der Nicht-Markennutzer ermitteln will, und das auf allen Touchpoints, die für die Zielgruppe relevant sind. Nur: welches sind diese Touchpoints?

Eine ganz provokative Frage, die ich immer mit einem versteckten Schmunzeln stelle, lautet:

  • Wer macht den besseren Job? SRF oder RTL?
  • Wo wird meine Werbung gesehen? SRF oder RTL?
  • Für wen ist meine Werbung relevanter? Für den SRF Zuschauer oder für den RTL Zuschauer?
  • Wer ist der bessere Käufer? Der SRF Zuschauer oder der RTL Zuschauer?
  • Was löst meine Werbung aus? Beim SRF Zuschauer und beim RTL Zuschauer?
  • Wer benötigt Mehrfachkontakte und mehr Informationen, um mein Produkt zu kaufen? Der SRF Zuschauer oder der RTL Zuschauer?
  • Welche und wie viele Mehrkontakte sind wo nötig, um beim SRF Zuschauer oder beim RTL Zuschauer einen Kauf auszulösen?
  • Wie lange dauert es vom ersten Kontakt bis zum Kauf beim jeweiligen SRF Zuschauer oder dem RTL Zuschauer?
  • Kann es sogar sein, dass ich weder den SRF Zuschauer noch den RTL Zuschauer ansprechen soll/muss/will?
  • Wenn das so komplex ist, wozu schaue ich noch SRF oder RTL?
  • Welche publizistische Aufgabe müssen die beiden Sender letztendlich erfüllen und welche Verantwortung tragen sie dadurch? Die Antwort findet sich in der ersten Frage.

Schnell merkt man also, dass es nicht mehr um Werbung geht, denn eigentlich kann deren Wirkung auf den Konsumenten mit den zur Verfügung stehenden Studien und Tools nicht ganzheitlich gemessen werden. Wieso also diese Aufregung?

Es geht wiederum um Geld und damit um Macht im Mediengeschäft. Sobald die Frage nach Wirkungsmechanismen in einem Multichannel  System auftaucht, höre ich nur Aussagen darüber «dass man die Tools zur Hand nehme, die der Markt biete», «dass diese eben nur eine beschränkte Sicht auf die Realität erlaubten» etc. etc. etc.

Wenn aber meine Frage in Richtung «wie sieht es ist mit non-paid Touchpoints aus, also earned und owned» geht, dann herrscht das grosse Schweigen. Kaum zu erwähnen sei auch, dass die im Markt etablierten Tools ihre Grenzen bei einer einfachen, nicht nur auf sozio-demographischen Kriterien basierenden Zielgruppendefinition schnell erreicht haben. Aber was soll man als Werbeauftraggeber tun? Soll man meinen Rat befolgen?

Welche sind für Ihre Zielgruppen (sofern Sie sie wirklich kennen…) auch wirklich die relevantesten, effizientesten und effektivsten Touchpoints? Welche Touchpoints eignen sich wann in welcher Phase des Customer Decision Journeys und weshalb? Welche Audience kann mit welchem 360° Mix erreicht werden? Wie gross soll das Kommunikationsetat sein, um die gesetzten Ziele zu erreichen? Natürlich spielen da verschiedene Faktoren eine Rolle. So z.B. die stärke der Botschaft, die Relevanz für die Zielgruppe, die Innovation, die Penetranz, die Spreadgeschwindigkeit, die Grösse der relevanten Zielgruppe usw. Faktoren, die jeder Immunologe/Mikrobiologe aus dem FF kennt.

Wenn es also auf dem Markt eine echte, und ich meine damit ECHTE Alternative zu MACH & Co. gäbe, würden Sie als Werbekunde nicht sofort diese Alternative kennen wollen? Lesen Sie einen kurzen Artikel von Christoph Spengler, Gründer von Accelerom Schweiz. Danach überlegen Sie kurz, was Sie noch davon abhält, eine echte Sicht auf die Effizienz ihrer Kampagnen haben zu wollen.

Wie schon Sandro Prezzi sagt: «Äpfel mit Birnen vergleichen…». Ich sage, es ist an der Zeit, dass wir den Fruchtkompott endlich beiseite legen und uns echte Gourmetküche gönnen!

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